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Emotionslose Models für Achtjährige

Die Marke „TOPModel“ der Firma Depesche bietet eine Fülle an Produkten an, die angeblich „Mädchen jeden Alters die Möglichkeit (geben), ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen“. Neben den Malbüchern, Taschen und Co. vertreibt das Unternehmen auch das sogenannte TOPModel Kreativ-Magazin, das wegen seiner Vermittlung von genderstereotypisierenden Inhalten von uns zum #KlischeeOlé im Juli 2020 ernannt worden ist.

Was sich nach Vielfalt und Individualität anhört, ist ganz im Gegenteil ein extrem eingeschränktes Bild davon, was (nur!) Mädchen zu interessieren hat und insbesondere, wie sie auszusehen haben.

Die Figuren haben sehr dünne Körper, lange Haare, riesige Augen, und alle denselben, emotionslosen Blick. Nicht eine lacht, denn der Fokus liegt auf „stylisch und cool“. Das sexualisierte Äußere ist wesentliches Kernelement aller Produkte der Marke. Als wäre nicht bekannt, dass solche (Körper-)Bilder bei heranwachsenden Mädchen das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen kann (Studie, Hg IZI und ANAD e.V.: ‚Warum seh‘ ich nicht so aus‘) – Mal ganz abgesehen davon, dass Interessen und Vorlieben von Mädchen facettenreicher und vielfältiger sind als Mode und Aussehen.

Foto (c) Depe­sche Ver­trieb GmbH & Co. KG, Screenshot: klische*esc e.V.
Foto (c) Depe­sche Ver­trieb GmbH & Co. KG, Screenshot: klische*esc e.V.

Umso alarmierender ist es, wie die TOPModel-Produkte der Depesche GmbH die Regale von Kaufhäusern und Spielwarengeschäften füllen. Meterweise bekommen ausschließlich Mädchen vor Augen geführt, wie sie auszusehen haben, was ihre Interessen seien und in welcher Farbenwelt sie sich bewegen sollten.

„Trendorientierte Mädchen“ ab 8 Jahren bis ins Jugendalter sind die Zielgruppe von TOPModel. Und das Unternehmen erklärt in seinem Produktflyer, wie zum einen die bedienten Produktsparten und zum anderen Social-Media-Kanäle und Apps den „täglichen Kontakt zur Zielgruppe“ ermöglichen.

Fotos (c) Depe­sche Ver­trieb GmbH & Co. KG, Screenshot: klische*esc e.V.

TOPModel trägt damit zu einem eingeschränkten, auf das Äußerliche reduzierte Bewusstsein von heranwachsenden jungen Frauen (und Männern) bei.
Ein Kandidat für den Goldenen Zaunpfahl 2020.

Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht somit nach Geesthacht an die Depe­sche Ver­trieb GmbH & Co. KG, Deutschland.

(sb)

Begründung der Jury

Die Welt der TOPModels ist ebenso groß wie übersichtlich – zwar gibt es inzwischen alles vom Schulranzen bis zum Lipgloss mit den ausdruckslos vor sich hin starrenden „TOPModels“ und davon auch noch vierzehn verschiedene, die allesamt Namen wie „Candy“ oder „Lexy“ tragen. Tatsächlich sehen sie aber aus wie aus dem gleichen Förmchen gestürzt: Dünn (natürlich!) mit schmaler Nase, Kulleraugen und Schmollmund. Kleine Mädchen können sich hier also aus einer Bandbreite eines einzigen und immer gleichen Schönheitsideals ihre Identifikationsfigur erwählen. Dass die dann nicht nur 99% aller Mädchen unähnlich sieht, sondern auch ausdrücklich diejenigen ausschließt, die krause Haare, asiatische Gesichtszüge oder ausdrucksvolle Nasen haben, ist der Gipfel der Gemeinheit. Immerhin: „TOPModel Jill“ muss laut Steckbrief „eigentlich eine Brille tragen – aber das soll niemand wissen!“ Gut für Jill, sonst würde sie erkennen, dass sie Teil einer Klon-Armee ist.
(Eva-Maria Lemke)

Das ‚absolute Must-Have für alle jungen Mädchen‘* – vorausgesetzt, sie wollen sich schon früh auf eine Rolle als Sex-Objekt, pardon: ‚Fashionista auf dem Schulhof‘* vorbereiten. Mit TOPModel hat die Firma Depesche eine komplette Marketing-Welt aus Zeitschrift, Fanartikeln, Kosmetikprodukten und Apps geschaffen, die schon kleine Mädchen aufs Grausamste auf ihr Äußeres reduziert. Bei den riesigen Kulleraugen der Modelfiguren konnte die Jury nicht widerstehen und musste die Marke TOPModel einfach nominieren.
(Martin Rücker)

*Zitate im Zitat: Eigenwerbung Depesche von der Website

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