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Die Minipizza für die Frau

„Intermezzo“ heißt die Minipizza-Version von Dr. Oetker, die als „kleine Mahlzeit“ beworben wird. Der TV-Werbespot verrät: Die Minipizza ist vor allem für Frauen gedacht. Locker und luftig schweben die superschlanken Models durch ihre Welt und beißen hier und da niedliche Häppchen aus der TK-Ware.

Frauen beißen in eine Mini-Pizza
Foto: (c) Dr. Oetker / Screenshot von YouTube: klische*esc e. V.

Ein Schelm, wer böses dabei denkt? Mitnichten. Hier schlägt die RosaHellblauFalle voll zu, denn im Gegensatz zu Frauen wird Männern ohne weiteres zugestanden, „kräftig“ zuzugreifen. Viel zu essen ist positiv besetzt und „groß und stark“ zu werden ein erstrebenswertes Ziel.

Frauen hingegen sollen wortwörtlich(!) nicht so viel Platz einnehmen. Schlank zu sein ist das Schönheitsideal schlechthin und schon im Kindesalter werden die Portionen und das Essverhalten geschlechtsspezifisch kommentiert und reglementiert. „Du kannst aber viel essen.“ „Warte mal ab, später setzt das an.“ „Nein, eine Portion reicht für dich.“ „Sei nicht so gierig.“ „Du willst doch nicht dick werden, oder?“ Mit derlei Aussagen könnte man Bücher füllen und noch mehr Bücher mit den Folgen für die überwiegend weiblichen* Kinder und Jugendliche. Diese können sein: gestörte Körperbilder, gestörtes Essverhalten, lebenslanger Kampf gegen Impulse, Frust, Verlust von Selbstvertrauen, Überfokussierung auf Essen und Körper, und so weiter.

Eine sehr schlanke Frau beißt in eine Minipizza.
Foto: (c) Dr. Oetker / Screenshot von YouTube: Klische*esc e. V.

Dies ist daher nicht einfach ein harmloser Werbespot für Minipizza, in dem zufällig nur sehr schlanke Frauen vorkommen. Das ist kein Zufall. Denn was ist denn zum Beispiel mit Kindern, die kleinere Portionen essen? Mit dieser Zielgruppe geht man doch sonst auch nicht zimperlich um. Warum kommen sie nicht drin vor? Ganz klar: Weil Frauen die Zielgruppe sind. Weil Frauen weniger essen sollen/können/wollen. Oder sie sind ohnehin auf Diät – das kennt man ja. Damit trägt diese Werbung bewusst zu einer Diät-Kultur („diet culture“) bei. Der Begriff beschreibt ein Umfeld, in dem es als normal und nicht ungewöhnlich gilt, Diäten zu machen, sich umfassend mit Ernährung auseinanderzusetzen und mit der eigenen Körperform unzufrieden zu sein bzw. diese in den Mittelpunkt zu stellen. Mädchen und Frauen werden davon teils massiv psychisch und physisch beeinträchtigt – während andere Menschen mit diesen gefährlichen Selbstzweifeln sehr viel Geld verdienen.

Ein riesiger Wink mit dem Zaunpfahl geht daher an Dr. Oetker nach Bielefeld und ein herzlicher Dank für die Einreichung an Yara.

*Das Problem kann auch männliche und nicht-binäre Kinder und Jugendliche betreffen.

(jl)

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