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Geschlechterneutrales Basteln? Fehlanzeige!

Basteln ist an sich eine schöne Beschäftigung für die ganze Familie. Man sitzt zusammen, schneidet, klebt, unterhält sich, lacht – klingt nach einem schönen gemeinsamen Familientag. Bis zu dem Punkt, an dem es an die Auswahl der Motive geht. Denn hier wird es für Eltern, die auch nur ansatzweise bei ihren Kindern auf Genderneutralität achten, mit den Ausschneide-Bastelbüchern vom Christophorus Verlag sofort unentspannt.

Die Tochter soll gefälligst Einhörner, Prinzessinnen und Feen basteln, der Sohn wilde Tiere mögen – zumindest suggeriert es so das Produktdesign der Ausschneide- und Bastelbücher von Christophorus mit passendem Kinderbild auf dem Cover und der vermeintlich passenden Farbe für das jeweilige Geschlecht sehr deutlich. Zwar blitzt in dem gesamten Sortiment zwischendurch mal ein Bastelbuch auf, welches leicht mit den gängigen Gendernormen bricht (ein Mädchen darf sich anscheinend auch mit Dinos beschäftigen!), überwiegend folgt der Verlag aber der Rosa-Hellblau-Regel. Die Bücher sind an Kinder ab 5 Jahren gerichtet, sodass auch die Kleinsten direkt lernen, welchen Genderklischees und -stereotypen sie sich unterzuordnen haben.

Da hilft es leider auch nicht, dass die Bastelbücher von einer Erzieherin mit (Achtung: O-Ton) “pädagogischem Hintergrundwissen” und einem “nahezu unerschöpflichen Vorrat an Bastelideen” entwickelt wurden. Genau genommen macht das die ganze Sache noch verstörender, denn wer, wenn nicht Erzieher*innen, sollten den Kindern beibringen, dass es auch für einen Jungen völlig in Ordnung ist rosa Prinzessinnen zu basteln? Oder dass Giraffen, Löwen, Elefanten und Delphine durchaus auch von Mädchen gemocht werden können? Mit kreativen Ideen hat das nicht mehr viel zu tun, wenn lediglich typische Rollenklischees mit spezifischer Farbzuweisung für die Geschlechter ausgewählt werden können.

Screenshot aus einem Onlineshop. Links oben Bastelbuch “Das Ausschneide-Bastelbuch Prinzessin, Fee & Einhorn” in rosa mit dem Foto eines Mädchens, rechts daneben das Buch “Das Ausschneide-Bastelbuch wilde Tiere” in grün mit dem Foto eines Jungen.

Das ist gruselig, denn:

  • Das Produkt* richtet sich nur an ein (binäres) Geschlecht: Es schließt durch seine Gestaltung – z.B. durch die Verwendung bestimmter Farben (vgl. Rosa-Hellblau-Falle), Symbole, Aufschriften – oder auf andere Weise explizit oder implizit Menschen auf Grundlage ihrer Geschlechteridentität vom Kauf oder der Nutzung aus.
  • Die Werbung / Verpackung legt den Fokus auf stereotyp zugewiesene Eigenschaften einer Zielgruppe und legt damit fest, für wen das Produkt angeblich produziert wurde.
  • Das Produkt / die Werbung reduziert Personen auf ihre klischeehaft dargestellte Geschlechtszugehörigkeit und / oder reproduziert stereotype Geschlechterrollen.
  • Es werden Unterschiede zwischen den Interessen / Vorlieben der Geschlechter betont oder konstruiert.
  • Mädchen / Frauen und Jungen / Männer werden in hierarchischer Beziehung zueinander dargestellt.
  • Es besteht ein deutliches Ungleichgewicht in der Anzahl der abgebildeten (oder genannten) Frauen und Männer.
  • Das Geschlecht einer Person wird ohne Bezug zum Produkt besonders hervorgehoben und betont.
  • Das Produkt wird zwar als unisex-Produkt angeboten, enthält aber trotzdem eine implizite Geschlechtszuordnung.
  • Die Produktbeschreibung / die Werbung ist nicht geschlechtergerecht formuliert.
  • Das Produkt wird mit „Gender Pricing“ / „Pink Tax“ verkauft, d.h. die an Frauen gerichtete Version ist teurer.

Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht daher nach Rheinfelden an den Christophorus-Verlag und ein herzlicher Dank für die Einreichung an @stephanie.pauli.58!

(lp)

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