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Papi kriegt nichts gebacken – Das Unfähiger-Vater-Klischee

Screenshot: Klische.esc e.V.

Mit über zwei Millionen Youtube-Aufrufen hat Edekas Online-Spot zum Muttertag zumindest Wellen geschlagen – so viel muss man ihnen lassen. Die Kritik, die schon in der plattformeigenen Kommentarspalte den Großteil der gut 15.000 Posts ausmacht, ist dabei nur die Spitze eines Shitstormeisbergs.

Doch was ist hier eigentlich zu sehen? Eine Reihe von Szenen, in denen Väter auf verschiedenste Arten im Umgang mit ihren Kindern überfordert sind, jeweils scheinbar ironisch kommentiert von einer Kinderstimme. „Ich kann dir immer alles erzählen“, heißt es etwa, als die wütende Tochter dem verzweifelten Vater die Kinderzimmertür vor der Nase zuschlägt. „Du hörst mir immer zu“, erklärt ein kleiner Junge, der dem schlafenden Vater ein Bilderbuch vorliest. Auch der überambitionierte Sportbegeisterte, der seine Tocher mit dem Ball im Gesicht trifft, der unsensible Grobmotoriker, der die Haare der Tochter nur unter Qualen kämmen kann und der junge Vater, der mit Kleinkind und Küchengerät heillos überfordert ist – hier fehlt kein Klischee!

Letztendlich stellt sich heraus, dass das Danke natürlich nicht an die Väter, sondern an die Mütter gerichtet ist: „Danke Mama, dass du nicht Papa bist.“ Genau. Edeka reiht unreflektiert Klischee an (trauriges) Klischee, verspottet sich kümmernde Väter und wirbt für eine durchweg überkommene Rollenverteilung: „‚Er kann es halt einfach nicht – oder zumindest nicht so gut“.

Wer noch meint, dass es sich hierbei um einen genialen Kniff handelt, der erst mit der Veröffentlichung des Äquivalents zum Spot am Vatertag aufgeht, wird leider enttäuscht: Dieses zweite Video springt auf den gleichen Zug auf – nur die Perspektive ist eine andere. Hier wird die jeweilige Mutter dargestellt, wie sie tatsächliche Erziehungs- und Fürsorgearbeit leistet. Aber diesmal wird sie für ihre angebliche Strenge kritisiert. Das „Danke Papa, dass du nicht Mama bist“, zielt darauf ab, dass der Vater eher unliebsame Teile der Sorgearbeit nicht leistet bzw. die Anstrengungen der Mutter untergräbt. Grundsätzlich ist natürlich nichts falsch daran, Kindern Freiheiten zu lassen oder Ketchup zu dem (Vorsicht, Klischee:) verhassten Brokkoli zu geben. Aber warum muss es schon wieder die Mutter sein, der der Erziehungsauftrag zukommt und warum fällt Edeka so wenig aufrichtig Wertschätzendes zu Vätern ein, das nicht im selben Atemzug die Mütter diskriminiert? Vor allem nach einem solchen Muttertagsspot ist dieser Nachtrag wirklich enttäuschend.

Und da Edeka der Shitstorm nach dem ersten Video offensichtlich nicht genug war, um dazu zu lernen, erklären wir uns gerne bereit mit der Nominierung für den Goldenen Zaunpfahl 2020 nachzuhelfen! Das kriegt ihr besser hin, Edeka – der nächste Mutter- und Vatertag kommt bestimmt.

 Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht daher an die EDEKA ZENTRALE AG & Co. KG.

(jg)

Begründung der Jury

„Danke Mama, dass Du nicht Papa bist.“, EDEKA meint es lustig. Leider sind Herabwürdigungen nie lustig. Väter, die ihren Teil der Care-Arbeit übernehmen, werden in entwürdigenden  Szenen dargestellt. Es wird nicht nur das übliche IdiotDad Klischee bedient, sondern Väter werden in allen Facetten als dumme, tollpatschige, unsensible Vollhonks präsentiert. Das Ganze wird mit einer Prise Bodyshaming abgerundet. Wenn wir wollen, dass Frauen entlastet werden, dass sie nicht den Mental Load alleine tragen, dass sie nicht für die Care-Arbeit alleine verantwortlich sind, dass sie bezahlt arbeiten gehen können, dass sie krank sein dürfen ohne dass alles explodiert, dann muss es ein Ziel sein, dass Väter in Familien ihre Vaterrolle lernen und wahrnehmen dürfen/können, dann sollten wir solche Werbesport nicht belächeln sondern boykottieren.
(Patricia Cammarata)

„Wegen des Muttertags-Spots hat Edeka bereits einen Shitstorm erlebt und eine Rüge vom Werberat eingeheimst. Braucht es da noch die Nominierung zum Goldenen Zaunpfahl? Eindeutig: Ja. Humorvoll mit Klischees zu spielen – das funktioniert dann, wenn ein Werbespot ein Klischee als solches versteht und kritisch hinterfragt. Edeka macht genau das Gegenteil. So bleibt die Quintessenz des Spots: Väter sind unfähige, unsensible Tölpel und Mütter müssen alles retten, indem sie schön weiter die gesamte Sorgearbeit übernehmen. Die 50er-Jahre lassen grüßen.“
(Ann Kathrin Sost)