Das in Nürnberg ansässige Unternehmen Shirtracer vertreibt T-Shirts, Babybekleidung und andere Gegenstände mit verschiedenen Aufdrucken.
Einige davon sollen beispielsweise dem Papa erklären, wie das Baby zu behandeln ist. Ein Babybody hat den Aufdruck: Volle Windel? Wickel mich! Hunger? Fütter mich! Ratlos? Ruf Mama! Ein weiterer Body erklärt dem Papa, wie man dieses fremde Kleidungsstück dem Kind anzieht, wahlweise mit Fußball- oder mit Werkzeug-Metaphern („Das Runde muss ins Eckige“ oder „Greifer“ und „Tretwerkzeug“).



Mal abgesehen davon, dass diese Aufdrucke damit ein sehr binäres und heteronormatives Geschlechterbild zementieren – es gibt nur Mama und Papa, Mädchen und Jungen, Rosa und Blau – was für nicht-binäre Menschen keinen Raum lässt, wird hier eine ganze Armada an Gendermarketing-Klischees aufgefahren und reproduziert.
Babybodys aus der Klischeehölle
Väter sind, so lassen diese Aufdrucke vermuten, notorisch inkompetent, sich um das eigene Kind zu kümmern. Denn die meiste Zeit leistet ja auch die Mutter diese Care-Arbeit. Papa hilft bei seinem eigenen Nachwuchs nur aus und kennt sich dann dementsprechend nicht aus. Der “Idiot Dad” lässt grüßen. Ein Baby zu versorgen ist leider immer noch Frauenarbeit, die können das, ganz natürlich, so häufig die Begründung.
Weniger zum Lachen ist allerdings, dass Personen, die überwiegend Care-Arbeit leisten – und das sind zu 84% Frauen (equalcareday Zahlen) wenig gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung für diese Arbeit bekommen (equalcareday FAQ Gender Care Gap). Das äußert sich dann in einer extrem großen Rentenlücke, die nicht selten existenzbedrohend ist. Eben aufgrund dieser Strukturen ist für Frauen ein Kind zu bekommen immer noch ein signifikantes Armutsrisiko.
Doch damit nicht genug: Die Babybodys aus der Klischeehölle versetzen uns in die Zeit zurück, in der Väter noch über Sexualität ihrer Töchter zu entscheiden hatten: “Sorry Jungs! Papa sagt: – Keine Dates! – Niemals.” prangt auf einem Body. Shirtracer erklärt dazu: “Mit dem Motiv „Sorry Jungs Papa sagt keine Dates“ bringen wir Babys, Töchter und Kleinkinder schon lange zum Strahlen und zaubern ihnen ein Lächeln ins Gesicht”. Strahlen? Ein Lächeln? Ekel und Entsetzen trifft es eher. Auf dem Pendant für Jungen heißt es übrigens “Ladies, hier bin ich”. Fragt sich nur, welche “Ladies” gemeint sind – die wurden doch alle von Papa weggesperrt. Da wirkt der objektifizierende pinke Body mit dem Aufdruck “Ich bin süß, Mama ist heiß, Papa hat Glück” fast noch harmlos.



Klischees für Groß und Klein
Schaut man sich andere Produkte dieses Unternehmens an, dann erkennt man, dass sich diese Klischee-Einteilungen nicht nur auf Babykleidung beschränken, sondern sich bis ins Erwachsenenalter ziehen. Bei den Kindergarten- und Schulkindern bekommen die Mädchen ganz viel Rosa mit Einhörnern und Pferden zugeordnet. Die Jungs haben blaue Shirts mit Raketen, Dinos und Traktoren. Das zementiert die Klischees, wonach die Jungs Abenteurer, Macher und Forscher sind. Mädchen mögen eben eher Glitzer und süße Tiere oder Fabelwesen. Und nein, das hat die Natur nicht so gemacht, diese Vorlieben sind künstlich erzeugt und dienen einzig und allein dem Profit der Unternehmen (GZ Bullshitbingo)Mehr Klischee geht kaum.


Leider doch. Shirtracer, welches seine Produkte vor allem über Otto.de und Amazon.de vertreibt, hat auch zahlreiche Shirts für Erwachsene, z.B. für Junggesell*innenabschiede, im Sortiment. Auf einem Shirt liest man da unter anderem: „Sie will und er hat zu wollen“. Passend dazu, im Star-Wars-Design für Herren ein Shirt mit „Das wars. Jetzt hat sie die Macht“. Denn heiraten wollen ja nur die Frauen; die Männer muss man dazu quasi erst zwingen. Diese Klischees, à la nur die Frau will heiraten und man(n) verliert dadurch Freiheit, gehören nicht auf T-Shirts, sondern in die Mottenkiste – und zwar endgültig.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht daher nach Nürnberg zu Shirtracer und ein herzlicher Dank für die Einreichung an @ladocteuse auf Instagram.
(as)
Einreichungsmonat + jahr: 06/2021