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Studienanfang: Die Diskriminierung beginnt schon bei der Wohnungssuche

Ehrlich gesagt bin ich von den Anzeigen der “B11A Wohnungsgenossenschaft Herrenhausen eG” etwas verwirrt. Zur Erklärung muss ich kurz ausholen: Ich bin Mutter von zwei Kindern – einer Tochter und einem Sohn. Nun sind sie noch nicht im Studienalter, aber dennoch hoffe ich für beide, dass sie, wenn sie mal studieren möchten, während des Studiums eine Wohnung finden, in der sie sich sicher fühlen, mit einer Hausverwaltung, die sich zeitnah um Wasserrohrbrüche und ähnliches kümmert und die zudem möglichst zentral liegt, damit lange Wege zur Uni oder zur Lieblingskneipe entfallen. Der Fokus des letzten Satzes liegt auf “…hoffe ich für BEIDE”.

Man sieht auf den Plakaten junge Frauen oder Männer im Studienalter, mit Zitaten, die die Ansprüche dieser Menschen widerspiegeln sollen.
Man sieht auf den Plakaten junge Frauen oder Männer im Studienalter, mit Zitaten, die die Ansprüche dieser Menschen widerspiegeln sollen.

Die B11A Wohnungsgenossenschaft setzt ihren Fokus da anscheinend etwas anders, zumindest wenn man ihren Werbeplakaten in Hannover glauben darf. Diese drehen sich nämlich um ganz klassische Rollenklischees: Laura braucht beim studentischen Wohnen Sicherheit und einen männlichen Vermieter, der sich um sie kümmert. Für Lucas hingegen zählt nur der kurze Weg zur Kneipe und schnelles Internet. Mal von Anna abgesehen, die sich einfach nur eine tolle Küche wünscht. Da frage ich mich: Ist Laura nicht selbst in der Lage auf sich aufzupassen, sondern benötigt dafür einen männlichen Vermieter, der alles für sie regelt? Und wünscht sich Lucas nicht vielleicht auch eine tolle Küche zum Kochen anstatt immer unterwegs essen zu müssen?

Auch die Gestaltung der Plakate ist schon typisch geschlechterdiskriminierend gestaltet: Er schaut direkt in die Kamera, suggeriert Stärke und Entschlossenheit. Sie schaut seitlich an der Kamera vorbei und lächelt freundlich. “Jung, modern, urban” (Werbeslogan zu diesen Wohnungen) stelle ich mir etwas anders vor.

Das ist gruselig, denn:

  • Das Produkt* richtet sich nur an ein (binäres) Geschlecht: Es schließt durch seine Gestaltung – z.B. durch die Verwendung bestimmter Farben (vgl. Rosa-Hellblau-Falle), Symbole, Aufschriften – oder auf andere Weise explizit oder implizit Menschen auf Grundlage ihrer Geschlechteridentität vom Kauf oder der Nutzung aus.
  • Die Werbung / Verpackung legt den Fokus auf stereotyp zugewiesene Eigenschaften einer Zielgruppe und legt damit fest, für wen das Produkt angeblich produziert wurde.
  • Das Produkt / die Werbung reduziert Personen auf ihre klischeehaft dargestellte Geschlechtszugehörigkeit und / oder reproduziert stereotype Geschlechterrollen.
  • Es werden Unterschiede zwischen den Interessen / Vorlieben der Geschlechter betont oder konstruiert.
  • Mädchen / Frauen und Jungen / Männer werden in hierarchischer Beziehung zueinander dargestellt.
  • Es besteht ein deutliches Ungleichgewicht in der Anzahl der abgebildeten (oder genannten) Frauen und Männer.
  • Das Geschlecht einer Person wird ohne Bezug zum Produkt besonders hervorgehoben und betont.
  • Das Produkt wird zwar als unisex-Produkt angeboten, enthält aber trotzdem eine implizite Geschlechtszuordnung.
  • Die Produktbeschreibung / die Werbung ist nicht geschlechtergerecht formuliert.
  • Das Produkt wird mit „Gender Pricing“ / „Pink Tax“ verkauft, d.h. die an Frauen gerichtete Version ist teurer.

Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht nach Hannover und ein herzlicher Dank für die Einreichung an Susanne.

(lp)

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