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Pressemitteilung 19.4.2018

Ein pinker Haufen Plastik voller Rollenklischees

Der Barbie Experimentierkasten  und die Vermarktungsstrategie des Kosmos-Verlages gewinnen den Wink mit dem Goldenen Zaunpfahl 2018

Gestern Abend wurde am 18. 4. 2018 im Rahmen einer öffentlichen Preisverleihung im HAU Hebbel am Ufer zum zweiten Mal der Goldene Zaunpfahl 2018 vergeben. Dieser Negativpreis, geht an besonders absurde Auswüchse des so genannten Gendermarketings und wurde im März 2017 zum ersten Mal verliehen. Die diesjährige Jury prämierte den Barbie-Experimentierkasten des Kosmos-Verlages und begründete:

„Irgendwann im Laufe der Grundschulzeit verlieren viele Mädchen ihr Interesse und ihre ursprüngliche Begeisterung für naturwissenschaftliche Zusammenhänge und Technik. Es ist genau die Zeit, in der Mädchen erfahren, dass Technik ein männlich konnotierter Arbeitsbereich ist, und dass ihr naturwissenschaftliches Interesse deshalb kommentiert wird, mal positiv, aber durchaus auch negativ.
Der Barbie Experimentierkasten reproduziert genau diese Vorurteile. Er kommt unter dem Deckmantel der Gleichstellung daher, stellt mal wieder Schönheit, Konsum und Mode als weibliche (Haupt-)Interessen in den Vordergrund, als ob Mädchen nur darauf warten, rosa Waschmaschinen, Schmuckständer oder gar drehbare Kleiderständer in Minitaturausgabe zusammenzubauen. Er unterstellt, dass sich Mädchen nur dann für Technik interessieren, wenn sie rosa verpackt wird. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen („Stereotyp Bedrohung“), dass diese Herangehensweise kontraproduktiv ist.“

Rund 250 Besucher*innen nahmen gestern an der Preisverleihung teil und kamen in den Theatersaal des HAU Hebbel am Ufer, um zu erfahren wer dieses Jahr den Goldenen Zaunpfahl erhalten wird. Der Wink mit dem Zaunpfahl, geht an Unternehmen, die ihre Produkte nach dem Prinzip des Gendermarketings vertreiben, indem sie oft identische Produkte getrennt für Männer und für Frauen anbieten oder in der Vermarktung auf limitierende Rollenbilder setzen. Diese Strategie hat in den vergangenen 12 Jahren stark zugenommen, ihr Einfluss auf Rollenbilder und die Wahlfreiheit v.a. von Kindern wird insgesamt unterschätzt

Tina Adomako bekräftigte auf der Bühne:

„Eine Gesellschaft, die für Vielfalt einstehen möchte, kann nicht gleichzeitig tradierte Rollenklischees verbreiten. Das eine schließt das andere aus. Wenn wir wirklich für Gerechtigkeit und Teilhabe für Mädchen und Jungs, Frauen und Männer gleichermaßen eintreten wollen, dann erfordert das einen Abschied von tradierten Geschlechterrollen – auch in der Produktwerbung.“

Von 150 Einsendungen in das „Gruselkabinett“ des Gendermarketings wählte eine 8-köpfige Jury, aus Vertreterinnen der Medien, Aktivist*innen, Künstler*innen und Expert*innen im Bereich Gender Studies und Antidiskriminierungsarbeit, die 5 absurdesten Produkte des Gendermarketings aus. Und kürte letztendlich den „Sieger“.

Und Anke Domscheit-Berg, Mit-Initiatorin des Preis betonte in ihrer Laudatio:

„Wie aufgeklärt ist jemand, dem als Antwort auf die Frage, wie man mehr Mädchen für Technik begeistern kann, ausgerechnet die Stichworte Barbie und Waschmaschine einfallen? „Reizvolle Experimente – eingebettet in die Barbie-Rollenspielwelt“ heißt es auf der KOSMOS Website, 7 Dinge kann man mit dem Zubehör bauen, es ist eine Liste des Horrors: ein drehbarer Kleiderständer, eine Waschmaschine, ein rotierendes Schuhregal, ein Schmuckkarussel und eine Designerplattform – die ein Gestell ist, auf das man eines der 3 Kleider aus dem Zubehör hängen und drehen kann, und zur Abwechslung ein Gewächshaus und eine Hängematte. Versprochen wird „Bauspaß“ aus über 100 Bauteilen, sie sind schön eintönig weiß und rosa. Die Begleittexte machen es noch schlimmer, da schlägt Barbie vor, die Laborkittel zu verschönern, weil man damit in der nächsten Chemiestunde auffallen kann. Wozu braucht es schon Chemiekompetenz, wenn man auch mit bunten Kitteln Eindruck schinden kann?“

Die Veranstaltung war mit einem vielfältigen Programm auf der Bühne (u.a. Dota Kehr, Lia Sahin und Till Laßmann) ein großes Fest. Und nach rund 150 Einreichungen im vergangenen Jahr, sind bereits jetzt wieder über 20 Vorschläge eingegangen. Der Grundstein für den Goldenen Zaunpfahl 2019 ist also gelegt.

Mit-Initiatorin Almut Schnerring:

„Wir freuen uns über das breite Interesse und die vielfältige Unterstützung. Unsere Erfahrung aus Workshops und Fortbildungen zeigen, dass gerade auch in den Teams und Unternehmen, die gegenderte Produkte anbieten und mit klischeehaften Zuschreibungen werben, viele kritische Stimmen gibt, die sich bislang noch nicht durchsetzen können. Ihnen den Rücken zu stärken und Argumente an die Hand zu geben, das ist das eigentliche Ziel des Goldenen Zaunpfahl.“

 


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