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Tempo lebt hinterm Mond – Die Kümmerrolle verfolgt die Astronautin bis ins All

Die Firma Essity bewirbt ihre Tempo-Papiertaschentücher mit dem Bild einer Astronautin, die die Care- und Hausarbeit sogar mit auf den Mond nehmen soll. Als wären „waschmaschinenfeste” Taschentücher die größte Sorge einer Astronautin; “auf dem Mond und zu Hause”.

Obwohl sich der Einreicher dieser Werbung schon dreimal an Essity gewandt und um eine Stellungnahme gebeten hat, kam bisher leider keine Reaktion.

“Sehr geehrte Damen und Herren von Essity, in der aktuellen Ausgabe "Herbst 2022" des kostenlosen Kundenmagazins "Mittendrin" von Penny Markt habe ich auf Seite 72 eine Werbeanzeige Ihres Unternehmens für Ihre Tempo-Taschentücher entdeckt (s.anbei). Gegen diese möchte ich meinen starken Protest ausdrücken und Ihnen darlegen, warum diese kritisch ist: Es bedient ein falsches Bild, wonach Frauen "zwar auch Astronautin werden können, aber nur, wenn sie 'ihrer Rolle gerecht werden' und sich auf dem Mond auch um die Wäsche kümmern". Es ist absolut nicht nachvollziehbar, weshalb Sie die strapaziösen Bedingungen, um welche es Ihnen ja geht, die Widerstandsfähigkeit Ihres Produkts zu bewerben, in ein derart veraltetes und sexistisches Geschlechterrollenmodell verpacken müssen. Dies ist sehr abschätzig. Ich bitte um Ihre Stellungnahme und Einstellung dieser Werbekampagne. Mit freundlichen Grüßen Robin”
Foto einer Astronautin im Raumanzug. Der Hintergrund ist zweigeteilt. Links der Weltall mit einer Waschmaschine auf Rädern und mit einem Solarpanel auf einem Planeten und einer schwebenden Packung Tempo. Links ein Zimmer mit Fenster und einer Topfpflanze im Hintergrund. Auf einem kleinen Schrank steht eine große Packung Tempo Papiertaschentücher. Zentral der Slogan: “Waschmaschinenfest: Auf dem Mond und zu Hause”.
(c) Robin / klische*esc e.V.

Wir schließen uns an und nehmen die Werbung in unser Gruselkabinett des Gendermarketing auf. Vielleicht hilft ja der Wink mit dem Zaunpfahl, um Essitys verkrustete Geschlechterstereotype aufzubrechen?

Das ist gruselig, denn:

  • Das Produkt* richtet sich nur an ein (binäres) Geschlecht: Es schließt durch seine Gestaltung – z.B. durch die Verwendung bestimmter Farben (vgl. Rosa-Hellblau-Falle), Symbole, Aufschriften – oder auf andere Weise explizit oder implizit Menschen auf Grundlage ihrer Geschlechteridentität vom Kauf oder der Nutzung aus.
  • Die Werbung / Verpackung legt den Fokus auf stereotyp zugewiesene Eigenschaften einer Zielgruppe und legt damit fest, für wen das Produkt angeblich produziert wurde.
  • Das Produkt / die Werbung reduziert Personen auf ihre klischeehaft dargestellte Geschlechtszugehörigkeit und / oder reproduziert stereotype Geschlechterrollen.
  • Es werden Unterschiede zwischen den Interessen / Vorlieben der Geschlechter betont oder konstruiert.
  • Mädchen / Frauen und Jungen / Männer werden in hierarchischer Beziehung zueinander dargestellt.
  • Es besteht ein deutliches Ungleichgewicht in der Anzahl der abgebildeten (oder genannten) Frauen und Männer.
  • Das Geschlecht einer Person wird ohne Bezug zum Produkt besonders hervorgehoben und betont.
  • Das Produkt wird zwar als unisex-Produkt angeboten, enthält aber trotzdem eine implizite Geschlechtszuordnung.
  • Die Produktbeschreibung / die Werbung ist nicht geschlechtergerecht formuliert.
  • Das Produkt wird mit „Gender Pricing“ / „Pink Tax“ verkauft, d.h. die an Frauen gerichtete Version ist teurer.

Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht nach Mannheim und ein herzlicher Dank für die Einreichung an Robin.

(jhs)