
Bei dem Einladungstext des “Zentrum Oberwiehre” in Freiburg im Breisgau zu einem “Supermama-Event” weiß man gar nicht, was einen mehr gruseln soll: Die Glorifizierung dessen, wie eine Mutter heutzutage zu sein hat, oder der komplette Ausschluss der Väter, die im besten Fall genau das selbe leisten wie die Mütter.
Aber von vorne: Der Text zum Event „Zentrum Oberwiehre feiert die SuperMamas!“, der die tüchtigen Mütter anlocken soll, ist gespickt mit Geschlechterklischees, Stereotypen, und konstruierten Hierarchien zwischen den beiden Geschlechtern. Hier wird nicht nur eine Schublade aufgemacht, hier wird einfach direkt (symbolisch gesehen) die ganze Kommode umgeworfen. Entweder auf ziemlich direkte Art und Weise, wenn bspw. davon gesprochen wird, dass „die Frauen meist zwei ‘Berufe’ (warum hier die Anführungsstriche?!) gleichzeitig ausüben und dabei steht`s (sic!) hilfsbereit, zuvorkommend und gut drauf sind“. Bedeutet das, dass ich keine gute und organisierte Mutter bin, wenn ich mal schlechte Laune habe? Man hat sich hier wohl ganz stark am Werbebild der gut gelaunten Hausfrau aus den 50er-Jahren orientiert.
Als nächstes dachte man sich, dass ein bisschen Selbstmitleid und somit die Schublade des Opfers sicherlich auch helfen würde, um die eine oder andere Mutter zu der Veranstaltung zu bekommen („Oft werden die wirklichen Helden des Alltags übersehen und zu wenig wertgeschätzt.“). Falls die Mütter dann noch zweifeln, ob sie sich als Supermama fotografieren lassen wollen, hat man in den Text noch einen Spruch aus dem Selbstcoaching-Kalender integriert: „Machen Sie sich Ihre Leistung bewusst und seien Sie stolz darauf!“ Also (Achtung Ironie!) völlig unverständlich, falls die Besucherzahl bei dem Event niedrig sein sollte.
Etwas subtiler kommt dann schon die Hierarchie zwischen den Klischees daher. Gibt es denn gar keine Superpapas? Ist der Papa kein Held des Alltags, der Job, Kinder und sonstige Care-Arbeit unter einen Hut bekommen muss? Und darf der Vater dabei nicht auch “steht`s (sic!) hilfsbereit, zuvorkommend und gut drauf sein” (Ja, das Zitat musste einfach nochmal wiederholt werden!)?
Der Text dreht sich um eine Muttertags-Aktion, schon klar. Aber gab es dieselbe Aktion für “Superpapas” auch am Vatertag? Hätte man die Aktion nicht trotzdem mit einem weniger klischeehaften Text ankündigen können? Oder z.B. die “Superfamilie” feiern können?
Aber das Traurigste zum Schluss: Letztendlich ist die Veranstaltung des Zentrum Oberwiehre nur eine Verkaufsveranstaltung – ein Marketinggag. Denn natürlich gibt es zahlreiche Läden vor Ort, die die genau passenden stereotypen Geschenke für die Supermamas bereithalten. Und damit kann sich jede Mutter mit etwas Würde nur noch von der ganzen Aktion veräppelt vorkommen. Obwohl sie natürlich auch dabei noch “steht`s (sic!) gut drauf ist”.


Das ist gruselig, denn:
- Das Produkt* richtet sich nur an ein (binäres) Geschlecht: Es schließt durch seine Gestaltung – z.B. durch die Verwendung bestimmter Farben (vgl. Rosa-Hellblau-Falle), Symbole, Aufschriften – oder auf andere Weise explizit oder implizit Menschen auf Grundlage ihrer Geschlechteridentität vom Kauf oder der Nutzung aus.
- Die Werbung / Verpackung legt den Fokus auf stereotyp zugewiesene Eigenschaften einer Zielgruppe und legt damit fest, für wen das Produkt angeblich produziert wurde.
- Das Produkt / die Werbung reduziert Personen auf ihre klischeehaft dargestellte Geschlechtszugehörigkeit und / oder reproduziert stereotype Geschlechterrollen.
- Es werden Unterschiede zwischen den Interessen / Vorlieben der Geschlechter betont oder konstruiert.
- Mädchen / Frauen und Jungen / Männer werden in hierarchischer Beziehung zueinander dargestellt.
- Es besteht ein deutliches Ungleichgewicht in der Anzahl der abgebildeten (oder genannten) Frauen und Männer.
- Das Geschlecht einer Person wird ohne Bezug zum Produkt besonders hervorgehoben und betont.
- Das Produkt wird zwar als unisex-Produkt angeboten, enthält aber trotzdem eine implizite Geschlechtszuordnung.
- Die Produktbeschreibung / die Werbung ist nicht geschlechtergerecht formuliert.
- Das Produkt wird mit „Gender Pricing“ / „Pink Tax“ verkauft, d.h. die an Frauen gerichtete Version ist teurer.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl geht nach Freiburg im Breisgau an das Zentrum Oberwiehre, und ein herzlicher Dank für die Einreichung an @frau.seepferd
(lp)