Über einen verfehlten Versuch im Grundschulunterricht, Geschlechterstereotype abzubauen
Liebes Klett-Team,
ich war am Wochenende bei meiner kleinen Nichte zu Besuch, die in die 2. Klasse geht. Mit Erschrecken musste ich in ihrem Arbeitsheft aus Ihrem Verlag die angehängten Aufgaben lesen. Allgemeine, kindliche Verhaltensweisen sollen Mädchen/Jungen/beiden zugeordnet werden.
Foto (c) Lina Hellmich Foto (c) Lina Hellmich
Ernsthaft? Wie sähe denn die Lösung aus? Es gibt wohl nur eine – alle angegebenen Tätigkeiten sind für alle Kinder gleich möglich und nichts ist typisch! Denn genau solche Zuordnungen drängen Mädchen und Jungen in Stereotypen, die eine moderne Gesellschaft nicht braucht! Stereotypen müssen aufgedeckt und reflektiert werden-hierbei ist bei dieser Aufgabe in keiner Weise etwas zu erkennen-die Tätigkeiten sollen lediglich zugeordnet werden. Und genau diese Zuordnung ist fatal!
Ich bitte Sie hiermit, solche Aufgaben aus Ihrem kompletten Arbeitsmaterial zu nehmen! Teilen Sie mir bitte mit, wie Sie mit meinem Anliegen weiter umgehen.
Mit freundlichem Gruß
L . Hellmich
Sehr geehrte Frau Hellmich,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Diese Arbeitsheftseite gehört im Schulbuch zum Kapitel Körper und Gesundheit und soll dazu dienen das Geschlechterrollenverhalten zu thematisieren und Klischees zu hinterfragen.
Informationen zu unserem Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und Ihren Rechten nach Art. 13, 14, 21 DSGVO entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung unter https://www.klett.de/datenschutz
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Klett Verlag GmbH
Kundenservice
Sehr geehrtes Klett-Kundenservice-Team,
wir wünschen uns eine Antwort, die über diesen einen Satz hinausgeht. Diese Übung „soll“ dazu dienen, Klischees zu hinterfragen. Uns ist klar, dass Sie nicht die Verantwortung dafür tragen, wie der Unterricht mit Ihren Materialien gestaltet wird. Aber wie sorgen Sie denn Ihrerseits dafür, dass Übungen in Ihrem Sinne umgesetzt werden? Wie lautet die Arbeitsanweisung im Kleingedruckten, welche Unterstützung bekommen Lehrkräfte, damit hier keine traditionellen Geschlechterrollen zementiert werden? Uns fehlt eine klare Aussage (die auch Eltern und Kinder lesen können, falls die Aufgabe im Unterricht gar nicht behandelt wird) aus der hervorgeht, dass die Fragestellung dazu einladen soll, über limitierende Zuschreibungen zu diskutieren, und dass selbstverständlich alle Kärtchen grün gekennzeichnet werden dürfen, gar müssen, da Interessen und Haarlänge etc. nichts mit dem Geschlecht zu tun haben, sondern alle sich frei entscheiden können. Die Aufgabe in ihrer jetzigen Form bietet zu viel Potenzial das Gegenteil zu vermitteln: Uns erreichen regelmäßig Elternberichte, dass ähnliche Aufgaben im Unterricht geschlechtsneutral von den Kindern gelöst wurden und dies anschließend von den Lehrkräften kritisiert wurde.
Und damit: Willkommen im Gruselkabinett des Goldenen Zaunpfahl.
(as)
Der Wink mit dem Zaunpfahl geht nach Stuttgart zum Klett Verlag.
Der Dank für die Einreichung an @linaHellmich.